Tag 117 - Längste Tagesstrecke auf der Autobahn

MI, 22.07.2015 – Längste Tagesstrecke auf der Autobahn

Tajarak – Salafchegan

 

Früher Start und Fahrt auf der Autobahn

Morgens um 6:30 fahre ich los, um dem vielen gefährlichen Verkehr zu entkommen – wie gesagt, es gibt keinen Seitenstreifen, den ich nutzen könnte. Der frühe Start hilft aber nur sehr kurz. Die 105 Kilometer bis Saveh, wo ich den Bus nach Isfahan nehmen will, könnten also zur Tortur werden. Auf der parallel laufenden Autobahn sehe ich nach knapp einer Stunde einen Motorradfahrer in meine Richtung fahren, obwohl alle anderen Fahrzeuge parallel zu mir fahren. Vielleicht gibt es dort ja einen Seitenstreifen? Ich wage mein Glück und fahre über einen kleinen Feldweg dorthin. Dort ist gerade ein sehr breiter Streifen im Umbau, den ich ganz für mich alleine nutzen kann, was eine sehr große Erleichterung ist. Endlich mal Glück! Am Ende komme ich unbeabsichtigt auf die Autobahn, wo es einen breiten Seitenstreifen gibt. Optimal. Das hätte ich schon gestern machen sollen, so hätte ich mir einige Kilometer gespart und meine Kehle geschont.  Im Iran ist es zwar verboten, auf der Autobahn mit dem Rad zu fahren, es stört aber keinen – es fahren mehrmals Polizeiautos an mir vorbei. Und normalerweise muss man für das Fahren Gebühr bezahlen, aber manche Mautstellen sind gar nicht besetzt und die anderen winken mich durch. Hier kann ich es wieder genießen, an wartenden Autos vorbeizurauschen.

 

 

Weitere Fahrt nach Saveh auf der Autobahn

Bei der Ankunft in Saveh meint ein Mann, bis Isfahan seien es noch 200 km. Als ich ihn nach einem Einkauf in der Stadt wieder treffe, meint er, es seien 300. Da man auf der Autobahn sehr gut fahren kann und diese nach Saveh ein Stück weiter in den Süden Richtung Isfahan führt, will ich doch erst mal auf den Bus verzichten. Kurz nach der folgenden Mautstation meint jemand, es seien noch 400 Kilometer bis Isfahan. Tatsächlich sind es ab Saveh noch 312 Kilometer.

Auf der Autobahn ist aber auch nicht alles einfach: Beim Bergauffahren nehmen die LKW-Fahrer zum Teil auch den Seitenstreifen in Anspruch und drängen mich so an den Rand. Und man kann auch hier wirklich keine zwei Minuten anhalten, ohne dass einen jemand anspricht. Und das ist mir heute nicht ganz recht bei der Hitze. Was hier auch nervt, sind die Melonenverkäufer. Die stehen kilometerlang alle paar Meter, rufen und winken einem schon von weitem oft mit einer Plastiktüte entgegen und denken, ich würde einige ihrer Angebote in meinen Taschen unterbringen können. Und als ob die Autofahrer nicht schon wüssten, was die hier verkaufen. Manchmal begleiten mich auch Motorradfahrer für ein paar Kilometer. Die fahren zwar eine Zeit lang mit, reden aber nicht zu viel. Übrigens fragt mich fast niemand, woher ich komme, sondern, ob ich aus Deutschland komme. Da die Fahrumstände gut sind, mache ich kaum Pause. Und wenn, dann nur kurz, da es selbst bei Kiosken kaum schattige Raum gibt. Dafür gönne ich mir Eiscreme, kaltes Wasser und alkoholfreies Bier.

 

 

Unterkunft in einem umzäunten Gelände

Beim Dorf Salafchegan endet die Autobahn, die Zufahrt zu dem Nest finde ich bei der Dunkelheit aber nicht. Dafür muss ich mich für etwa 45 Minuten über einige Abzweigungen durchkämpfen und sehe von weitem die leuchtenden Autokolonnen in alle Himmelsrichtungen. Es ist das erst und wohl letzte Mal, dass ich im Iran bei Dunkelheit fahre. Sollte ich es morgen mit der langen Fahrtstrecke (ca. 230 Kilometer) nach Isfahan durchziehen, wird es auch schon später als 21 Uhr sein, aber ich gehe davon aus, dass es schon einige Kilometer davor Strassenbeleuchtung gibt.

Bei der lässigeren, aber trotzdem unangenehmen Weiterfahrt komme ich an einigen LKWs vorbei, deren Fahrer wohl hier übernachten. Ich frage, wo bzw. wie es zum nächsten Ort gehe und erhalte die Antwort, dass es noch etwa 40 Kilometer seien. Das ist mir deutlich zu viel. Nicht, weil ich müde und kaputt bin, sondern weil es dunkel ist. Ich fahre lieber ein paar Meter zurück, da gibt es nämlich eine Einfahrt. Nach einigen hundert Metern erreiche ich den Eingang zu einem umzäunten Gelände, einen doppelten Torbogen. Ich weiss nicht, was sich auf dem Gelände befindet – vielleicht eine Universität, ein Forschungszentrum? Egal, es ist spät und ich brauche eine Unterkunft bzw. einen Schlafplatz. Da es trocken ist und heute Nacht sicher nicht regnen wird, sind meine Ansprüche an eine Bleibe auch sehr bescheiden. Die beiden Herren unter dem Torbogen sind in ihrem Häuschen gerade am Reden und bemerken mich gar nicht, was mir auch nicht unrecht ist. Da ich keine Lust habe, das Gelände lange nach einem geeigneten Platz zu durchsuchen, fahre ich gleich nach rechts, wo es ein ebenerdiges Gebäude gibt, das von viel Gebüsch umgeben ist. Es ist kein Wohnraum und bietet mir eine optimale Fläche zum Schlafen an. Zuerst will ich auf der Bank schlafen, die gleich um die Ecke des Zugang zum Gebäude steht, verziehe mich dann aber doch lieber an eine andere Stelle, die dunkler ist. Auf dem dortigen Steinboden mache ich es mir mit meiner Isomatte gemütlich. Ich muss jetzt nur überlegen, wie ich mit dem etwas mehr als einen Liter Wasser zurechtkomme, den ich noch habe. Zum Glück habe ich auf der Fahrt genügend getrunken, bin also fast nicht durstig. Aber für diese vielleicht letzte Übernachtung draußen auf der Isomatte würde ich mich ganz gerne noch waschen. Zum Glück liegt dort wie bestellt ein Schlauch, mit dem ich mich duschen kann. Und der Wasserhahn lässt sich problemlos aufdrehen, das Wasser ist durch die Hitze des Tages gar nicht mal kalt.

 

Rekorde und Ausblick

Heute bin ich Rekordzeit und Rekordstrecke gefahren: 203 Kilometer in 10 Stunden und 3 Sekunden. Das sind drei Kilometer mehr als bei der letzten Tagesstrecke nach St. Petersburg. Der Geschwindigkeitsdurchschnitt sieht ziemlich gut aus. Es war aber die meiste Zeit des Tages ein Kampf gegen den Wind, erst die letzten Stunden ab Saveh waren zum Teil erträglich.

 

Morgen muss ich noch früher aufstehen und darf noch weniger Pause machen als heute. Denn die Entfernung nach Isfahan sind laut Straßenschild 230 Kilometer. Normalerweise teile ich solch eine Strecke auf zwei bis drei Tage auf. Aber auf dem Weg zu meinem Ziel gibt es wohl nichts zu sehen, also werde ich es versuchen. Natürlich nur, wenn mir auch ein Seitenstreifen zur Verfügung steht. Optimal wäre es natürlich, wenn ich ausnahmsweise mal Rückenwind hätte. So ganz glaube ich aber nicht daran, dass das so wird.

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 07 Sep 2016 19:51:22

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