Tag 09 - Tour durch Südbaden

Tag 09 – Samstag, 07. Juli 2012: Tour durch Südbaden

Basel – Weil am Rhein – Breisach

 

Da ich gestern erst spät ins Bett gegangen bin, beginnt meine Fahrt erst gegen 15 Uhr. Das stört mich aber nicht. Denn bis nach Breisach ist es nicht besonders weit, die Strecke ist eben und ich muss einfach nur geradeaus, den Rhein entlang fahren. Und es geht mit etwas weniger Gepäck weiter: So lasse ich den Schwimmbeutel in Basel, da ich ihn wohl nicht mehr brauchen werde. Die Schweiz lasse ich nun hinter mir, insgesamt habe ich 12 der 26 Kantone durchfahren – 4 nur mit dem Zug (Solothurn, Bern, Wallis, Uri), 6 mit dem Rad (Graubünden, St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Zürich, Basel-Stadt) und 2 mit beiden Verkehrsmitteln (Basel-Landschaft, Aargau).

 

Weitere Fahrt durchs „Heilige Land“

Kurz hinter dem Dreiländereck, bei Weil am Rhein, verzweigt sich der Fluss in den „Alten Rhein“ auf deutscher Seite und den Grand Canal d’Alsace/ Rheinseitenkanal auf französischer Seite. Den Großteil der Strecke fahre ich auf dem Damm auf badischer Seite entlang. Ab und zu habe ich mit ein wenig Gegenwind zu kämpfen, insgesamt ist die Fahrt aber angenehm.

Ich bin schon einige schöne, beeindruckende und bezaubernde Strecken mit kulturellen, historischen und religiösen Eindrücken gefahren. Aber nie habe ich eine längere Strecke gefunden, die so viel Schönes und Interessantes an Landschaft, Geschichte und Architektur aufzeigt wie die Gegend zwischen Konstanz, Basel, Freiburg und Straßburg. Hier seine Heimat zu haben ist ein Geschenk, besser kann es gar nicht sein. Für mich stellt diese Region das „Heilige Land“ dar. Zwar war ich schon oft fort von hier, habe in anderen Landesteilen oder Staaten gewohnt, aber nicht, weil es mir hier nicht gefallen hat. Sondern nur, um Anderes kennen zu lernen, mehr Erfahrungen zu machen, es mit der ursprünglichen Heimat zu vergleichen. Und die hat dabei immer besser abgeschnitten. Dass es hier auch Schlechtes gibt, ist klar – so wie überall.

 

Basel, Tramlager
Basel, Tramlager
Basel, Basilisk
Basel, Basilisk
Grenze CH - D
Grenze CH - D
Weil am Rhein, Dreilaenderbruecke
Weil am Rhein, Dreiländerbrücke
Wehranlage
Wehranlage
Isteiner Schwellen
Isteiner Schwellen
Dorf
Dorf
Weg am Rhein
Weg am Rhein
Rhein
Rhein
Rhein
Rhein



 

Breisach und das AKW Fessenheim

Nach über einer Woche Fahrt habe ich es endlich geschafft, eine geplante Tagesstrecke umzusetzen. Also weder zu viel noch zu wenig fahren. So komme ich abends in Breisach an und bemerke, dass ich dem „falschen“ Rhein entlang gefahren bin und das AKW Fessenheim verpasst habe. Sehr seltsam, schließlich bin ich vor einem Jahr zu einer Demonstration dort hingefahren, hätte die entsprechende Abzweigung also kennen müssen. So frage ich in Breisach gleich zwei junge Männer (ca. 25), wo ich das AKW denn sehen könne. Diese sind etwas verdutzt und fragen mich, warum ich das denn wissen wolle. Darauf antworte ich kurz und knapp, dass ich auf einer Radtour sei und AKWs fotografiere. Für sie scheint es so, als sei dies der einzige Grund für meine Tour, und sie erkundigen sich mit einem verwunderten und kritischen Blick, für wen ich das denn mache. „Für mich, aber ich fotografiere nicht nur AKWs, sondern auch Gebäude, die Landschaft und den Rhein – und“, um es ihnen noch etwas bodenständiger erscheinen zu lassen, „verschiedene Biersorten“. Erst jetzt scheinen die Männer ein bisschen zu verstehen, dass ich nicht ganz so schlimm bin, wie sie anfangs vermutet haben. Nach diesem Gespräch gönne ich mir noch ein „Abendessen“ in einem Dönerladen, von wo aus ich einen wunderbaren Blick auf die Altstadt und den Münsterberg habe.

Für einen noch besseren Ausblick begebe ich mich auf die gepflasterten Straßen, die mich nach oben auf den Münstervorplatz führen, dem Dach der Stadt Breisach. Dort spricht mich ein älterer Mann an, der aus dem benachbarten Elsass, von der anderen Rheinseite, kommt. Er präsentiert mir die Landschaft – von hier aus hat man einen herrlichen Rundumblick auf den Breisgau, den Schwarzwald, den Kaiserstuhl, das Elsass und die Vogesen. Zwar komme ich aus der Region, lasse mich aber trotzdem gerne darüber unterrichten. Von hier sieht man deutlich, dass die beiden Rheinarme wieder zusammenfließen. Das dienstälteste AKW Frankreichs, Fessenheim, sieht man von hier aus lange nicht so gut wie ich es in Erinnerung habe. Dafür sagt mir der Mann, dass gestern entschieden worden sei, das AKW im Juli 2016 abzuschalten. Das ist eine sehr erfreuliche Nachricht. Allerdings traue ich ihr nicht. Leider sind viele auch nach Tschernobyl und Fukushima immer noch davon überzeugt, dass Atomkraft keine Gefahr darstelle. Hierzu passend hat Albert Einstein angeblich gesagt „Ein Vorurteil ist schwerer zu spalten als ein Atom“. Bei einem Super-GAU in der erdbebenbedrohten Region des Oberrhein wären bei einem Radius von 30 Kilometern unter anderem Freiburg, Breisach, Müllheim, Mulhouse und Colmar von der Strahlung radioaktiver Substanzen betroffen.

 

Suche nach einem Schlafplatz am Rhein

Danach wird es Zeit, wieder an den Rhein zu fahren, um eine Schlafstätte zu finden. Dabei komme ich bald an einer Gruppe von zwei Pärchen mit Kind vorbei. Sie geben mir einen Ratschlag, wo ich übernachten könnte. Zuerst stelle ich mein Rad ein paar Meter entfernt von ihnen an einem Bürogebäude ab und bade im Rhein. Hier scheint es mir das erste Mal gefährlich, ins Wasser zu steigen – bei der ersten Stelle, an der ich einsteigen will, schaut ein Metallstab aus dem Wasser. Wer weiß, was da noch so alles drum herum liegt, woran ich mich verletzen könnte. Also zur nächsten Stelle, einem gesperrten Steg. Aber egal, es sind nur junge Leute in der Nähe, die das bestimmt nicht stören wird. Die Strömung ist hier ziemlich kräftig, aber ich muss spätestens ins Wasser steigen, als die jungen Leute mir vom Parkplatz zurufen „Trau dich!“. Außerdem würde ich ganz gern den Dreck loswerden, der sich heute an mir angesammelt hat. Kalt ist das Wasser nicht, wegen dem starken Zug bleibe ich aber nicht lange drinnen. Einfach mal vom Wasser umspülen lassen, den Kopf ins Wasser tauchen und dann wieder raus. Wieder zurück bei meinem Rad laden mich die vier jungen Leute mit ihrem Kind gleich zum Essen und Trinken ein. Aber ich antworte, ich bräuchte noch ein wenig Zeit, um alles einzurichten, würde aber gerne später bei ihnen vorbeischauen. So ist das nun mal, wenn man alles notwendige Gepäck dabei hat. Immer wieder muss ich neu ordnen, alte Klamotten wegräumen, neue suchen, den Überblick behalten. Die zwei Pärchen sind sehr sympathisch und wir haben einen sehr netten Abend. Ich erzähle von meiner aktuellen Tour und auch von der nach Jerusalem. Gleich anfangs habe ich mitbekommen, dass sie christlich eingestellt sind. Und einer hat auch einen sehr guten Sinn für Humor – vor allem Loriot scheint es ihm angetan zu haben. Trotz der Offenheit und Kommunikation reicht es aber nicht dazu, mir einen Schlafplatz bei sich anzubieten. Aber das will ich ihnen nicht übel nehmen. Denn ich kann nicht erwarten, dass Unbekannte einen Fremden bei sich aufnehmen. Wenigstens sagen sie mir, wo ich direkt um die Ecke übernachten könnte – denn schließlich will ich nur ein trockenes Dach über dem Kopf. Ich entscheide mich aber gegen den überdachten Parkplatz, den man von der Straße aus sehr gut einsehen kann und fahre ein paar Meter am Rhein weiter bis unter einen Schiffkran. Dort richte ich mich ein und schlafe bald ein.

 

Neuer Entschluss für die weiteren Übernachtungen

Ich nehme mir vor, dass ich während dieser Tour nur im äußersten Notfall für eine Übernachtung bezahlen werde. Nicht aus finanzieller Not oder Abenteuerlust, sondern als Trotzreaktion gegen den Mangel an Gastfreundschaft. Ich werde einfach ab einer bestimmten Zeit am Abend die nächstbeste Möglichkeit nutzen, regengeschützt die Nacht zu verbringen. Das wird nämlich eine Menge Zeit, Organisation und Geld sparen. Klar, Leute werde ich auf diese Art kaum kennenlernen, aber bei bisherigen Reisen bin ich meistens gut untergekommen, ohne lange zu organisieren.

 

 

Tipps für andere Reisende:

-      St. Louis, direkt ums Eck von Basel: jeden Samstag findet bis 12 Uhr der Markt statt – vielfältiges Angebot, v.a. elsässische Spezialitäten und ältere Personen, die noch elsässisch reden

-      AKW Fessenheim: dienstältestes KKW Frankreichs (seit 1977)

      -      Kaiserstuhl: wärmste Gegend Deutschlands, bekannt für den Weinanbau und Fisherman‘s Fall

 



Breisacher Muenster.
Breisacher Münster
AKW Fessenheim
AKW Fessenheim
Blick in den Schwarzwald
Blick in den Schwarzwald
Breisach
Breisach
Breisach
Breisach
Breisach, Bad
Breisach, Bad
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 07 Sep 2016 18:39:54