Tag 17 - Raus aus der EU in die Nachkriegszeit

DI, 17.April 2007 - Raus aus der EU in die Nachkriegszeit

Mohács - Osijek - Vukovar

Die Zelte in Mohács wieder eingepackt, geht es um 9:30 weiter.
Wir verlassen Ungarn über Beli Manastir. Wir verlassen ein Land, das bei uns beiden einen guten Eindruck hinterlassen hat. Außerdem verlassen wir die EU. In Kroatien frühstücken wir gleich hinter der Grenze. Die häufigen Warnschilder vor Landminen sind nicht gerade Freude auslösend. Der Wiederaufbau nach dem Krieg wird aber sehr von der EU unterstützt.
Strassenarbeiter begrüßen uns gleich mit "Guten Tag!". Außer Deutschen kommen wohl nur wenige auf die seltsame Idee, mit dem Rad zu reisen. Ich lasse mir gleich von einem der Arbeiter einige Vokabelkenntnisse zukommen. "Hallo" oder "Hello" kann man überall benutzen. Indirekt bekomme ich auch mit, dass man hier wohl die gleichen Schimpfwörter benutzt, die ich bei einem Schüleraustausch in Polen aufgeschnappt habe. Grosse Verständigungsprobleme wird es also keine geben...
Die weitere Strecke ist zwar als Radweg ausgeschildert, hat diesen Namen aber bei weitem nicht verdient. Hier gibt es sehr viel Verkehr und man muss oft Schlangenlinien fahren, um den ganzen Löchern und Unebenheiten auszuweichen.

 

Mohacs
Mohacs
 Verlassen des Schengener Abkommens
Verlassen des Schengener Abkommens
Typisches Essen unterwegs
Typisches Essen unterwegs

 

 

In Osijek machen wir eine weitere Pause. Wir kommen gerade rechtzeitig! Auf dem Platz vor Kirche und Rathaus wird getanzt. Schon wieder ein guter Empfang für uns. So langsam sind wir zufrieden mit der uns entgegengebrachten Wertschätzung. Allerdings haben die tanzenden Damen und Herren noch etwas anderes im Hinterkopf. Es soll auch eine Übung sein für einen weltweit gleichzeitig stattfindenden Tanz, der ins Guinness-Buch der Rekorde kommen soll. Das hat jedenfalls Peter herausgefunden. Die zahlreichen Zuschauer auf dem riesigen Outdoor-Restaurant scheinen aber wirklich hin- und hergerissen zu sein zwischen den Tänzern und den beiden Typen auf den zweirädrigen „Wohnmobilen“.
Wie wir rausbekommen, liegt das auch daran, dass zu SU-Zeiten das Rad ein Fortbewegungsmittel der Armen war. Somit können die Leute wohl nichts mit uns anfangen, wissen nicht, wo sie uns hinstecken sollen.
Des weiteren erledigen wir hier noch die üblichen Einkäufe. Auf einer Post will ich meine restlichen Forint (ungarisch) wechseln, was abgelehnt wird. Die 5 Euro, die ich für ein eben geführtes Telefongespräch einsetzen will, werden ebenfalls nicht umgetauscht. Dafür brauche ich nämlich einen Personalausweis. Als ich der ausgesprochen unfreundlichen Frau klarmachen will, dass ich den Perso draußen in der Lenkertasche habe und holen will, jagt sie mich mit ihren Handbewegungen aus ihrem Hoheitsgebiet. Also habe ich auch kein schlechtes Gewissen, die Telefonrechnung nicht zu bezahlen und abzuziehen.
Kurz vor Vukovar wird es zum ersten Mal wirklich gefährlich: Nein, es ist kein LKW oder ein PKW, jedenfalls nicht direkt. Es ist ein Hund. Der rennt plötzlich neben mir her und ich weiche erschrocken nach links aus. Gut, dass in dem Moment keine Autos unterwegs sind. Ich komme also gesund davon.
Die LKWs sind hier ohnehin kein Problem, sie halten immer genügend Abstand. Aber seit der Grenze, also seit wir in Kroatien sind, fahren die PKWs gefährlicher: Die schauen nämlich peinlich genau, dass sie beim Überholen nicht den Mittelstreifen übertreten.
Peter und ich haben deswegen ein Abkommen geschlossen: Sollte einer von uns aus der Reise ausscheiden, würde er meine Vordertaschen erhalten, ich würde sein Akkuladegerät fürs Rad vermacht bekommen.
Um kurz vor 18 Uhr kommen wir in Vukovar an. Erst vor Ort wird mir wieder klar, woher ich den Namen der Stadt kenne: Es war die am stärksten umkämpfte Stadt im Jugoslawien-Krieg. Wenn man in die Stadt hineinfährt, sieht man sofort die Hintererlassenschaften des Krieges: Fast in jedem Haus Einschusslöcher, zerfallene Häuser und bewusst als Denkmal stehen gelassene Panzer oder der von Einschusslöchern übersäte Wasserturm. Allein die restaurierten Häuser haben keine Löcher.
Weithin sichtbar ist das Kapuzinerkloster, in dem wir auch unterkommen können. Erst hier bekommen wir einige konkrete Informationen zum Krieg. Mir wird dabei auch bewusst, dass mir und vielen anderen nie ganz klar war und ist, was hier vor sich gegangen ist. Es war zwar "gerade vor der Haustüre", aber vielleicht gerade deswegen so unverständlich und dazu noch sehr verworren. Nicht einmal viele der Leute, bei denen wir uns erkundigen, haben das Ganze so richtig verstanden. Ein Arbeiter im Kloster hat gemeint, Vukovar sei auch bekannt als das "2.Stalingrad".
Aber es gibt auch Positives zu berichten: Viele sprechen hier deutsch, nicht selten aufgrund der Flucht in deutschsprachige Länder.
Wenn auch ein Bann auf diesem Ort zu liegen scheint, suchen wir trotzdem ein Internetcafe, was aber erfolglos endet. Nach einer Disco oder Ähnlichem zu fragen sparen wir uns gleich. Es hält uns aber nichts davon ab, die mitgebrachten Biere zu kosten:

- Karlovaèko Lager (ungarisch): kann ich nicht bewerten, da ich während dem Trinken etwas Scharfes gegessen habe
- Deep Pivo Lager (Lidl-Bier): habe keinen bleibenden Eindruck davon behalten

 

Tanz in Osijek
Tanz in Osijek
   Innenstadt von Vokovar
Innenstadt von Vokovar
      
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