Tag 68 – Endlich in Syrien

DO, 07.06.2007 – Endlich in Syrien

Antakya - Aleppo

Heute morgen gibt es noch ein Abschiedsgeschenk der besonderen Art: es ruft ein anderer als der übliche Muezzin das Gebet aus. Ein gutes Zeichen, endlich mal wieder eine schöne Stimme über den Lautsprecher zu hören. Der bisherige war wirklich eine Zumutung.

Um 13 Uhr fahre ich nach morgendlicher Restarbeit am Computer und ausgestattet mit einigen Tipps von Barbara für weitere empfehlenswerte Stationen endlich los. Ziemlich spät für diese weite Strecke, ich bin aber zuversichtlich, heute noch in Aleppo anzukommen.

Und: die Fahrt ist super. Es gibt praktisch kaum Höhenmeter zu überwinden und der Wind unterstützt mich. Nach etwa zwei Wochen "Pause" kann man ja beinahe von Anfängerglück reden. Auf dem Weg werde ich auch von fast allen gegrüßt, als wäre mir auf die Stirn geschrieben, mir eine gute Fahrt zu wünschen. Es ist eine schöne und schnelle Fahrt, gelegentlich vorbei an Sonnenblumenfeldern und durch Baumalleen.

Ansonsten gibt es von der Strecke nicht viel zu berichten.

Der Grenzübergang "Bab al Hawa" wurde mir mehrfach empfohlen wegen der angeblich wunderschönen Umgebung. Entweder habe ich da etwas falsch verstanden oder meine Sinne haben nicht so ganz mitgespielt. Besonders war es jedenfalls nicht. Gut, einige Kurven und Schluchten. Aber im Vergleich zu dem was ich sonst täglich sehe, hat mich das nicht gerade vom Sattel gerissen. Vielmehr war ich froh, endlich in ein arabisches Land zu kommen. Endlich – so schön es auch war – raus aus der Türkei. 5 Wochen sind dann doch genug. Und: bisher hat mir kein Grenzübergang so Spaß gemacht wie dieser: Vorbei an Kilometern in Schlange stehenden LKWs, als erster das "Ziel" zu erreichen.

Die Formalitäten an der Grenzstation kosten mich etwa eine halbe Stunde: Man muss da einen Schein ausfüllen, sollte natürlich Geld wechseln... – Probleme gibt es aber keine.

Im großen Chaos der Strassen Syriens, in dem ich wohl ein wenig verzweifelt wirke, bekomme ich zwei Mal freundlich zugerufen "Welcome to Syria!". Unfälle gibt es hier aber wohl nicht mehr als zu Hause. Auf den ersten Blick scheint es tödlich zu sein, sich in den Kampf der Autos zu begeben. Aber aufpassen tut trotzdem jeder, hat anscheinend mehr als nur zwei Augen und Ohren.

Um 19 Uhr komme ich in Aleppo an – genau rechtzeitig, um den Sonnenuntergang über der Stadt zu sehen, die Zitadelle im Hintergrund. Ich hätte auch einen kürzeren Weg in den Süden nehmen können, wäre dann aber nicht in Aleppo vorbeigekommen; die paar Kilometer sind es aber wert. Denn dies ist die absolut schönste Stadt Syriens. Nach einer Fahrt zur Zitadelle, einer Irrfahrt durch das Labyrinth der Altstadt und einer einstündigen Suche nach dem Hotel , in dem ich vor 4 Jahren schon einmal übernachtete, erreiche ich meine Unterkunft (www.springflowerhostel.com).
Abends gehe ich noch mit Salam (Aleppo) und Adbullah (Marokko) in eine Bar, echt nett.

 

Angekommen in Syrien
angekommen in Syrien
Ankunft in Aleppo
Ankunft in Aleppo
Blick auf die Zitadelle
Blick auf die Zitadelle
Aleppo
Aleppo
Zitadelle im Abendlicht
Zitadelle im Abendlicht
Mit Salam (Aleppo) und Abdallah (Marokko)
mit Salam (Aleppo) und Abdallah (Marokko)
   

 

Kurz ein paar Daten zu Syrien: Das Land liegt – trotz aller möglichen Vorstellungen von einer wüstenhaften arabischen Welt – im "fruchtbaren Halbmond". Seit 1973 wird das Land von der alewitischen Baath-Partei bzw. von den Assads regiert. Etwa 20 Millionen Menschen leben hier, davon etwa 90% Araber, weiterhin vor allem Kurden und Armenier. Etwa 75% gehören den Sunniten an, 15% den vielen christlichen Konfessionen.


Wieso eigentlich die Nennung des Syrischen Konsulats auf der Dankesliste meiner Internetseite?

Meine Überlegung war folgende: Durch meine Fahrt möchte ich Spenden sammeln für die Kinderhilfe Bethlehem. Diese ist neben ihrem Hauptsitz auch aktiv in den benachbarten Staaten. Wieso also nicht den Versuch wagen, das syrische Konsulat in Hamburg darauf aufmerksam machen und – unterstützt durch einen Brief der Kinderhilfe – um den Erlass der Visakosten (etwa 60 Euro) bitten? Wer hier meint, dies sei zu riskant, da ich ja, um nach Bethlehem zu kommen, gezwungenermaßen durch Israel muss, dem will ich nicht widersprechen. Denn dies bedeutet für Syrien in der Regel, kein Visa zu erteilen. Und schließlich kann man, wenn man erwähnt, nach Syrien auch Israel besuchen zu wollen, gleich wieder gehen. Dann gibt’s halt kein Visum. Ebenso kann man mit einem israelischen Stempel im Pass nicht nach Syrien.
Beim entscheidenden Telefongespräch mit dem Konsulat wurde ich auch auf die nicht vorhandenen Straßenverbindungen nach Israel hingewiesen. Nachdem ich aber verdeutlicht hatte, worum es mir geht, und nicht zuletzt mit Hilfe des Empfehlungsbriefes der Kinderhilfe, habe ich das Visum kostenlos bekommen. Sicher – ein wenig Risiko war dabei, aber es hat sich gelohnt.

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