Tag 63 - Unterwegs mit einer kurdisch-alewitischen Reisegruppe

SA, 2.Juni 2007 - Unterwegs mit einer kurdisch-alewitischen Reisegruppe


Hasankeyf – Midyat – Mardin (Busfahrt)

Morgens früh um 6:30 gehe ich hinauf in die Altstadt von Hasankeyf - es wird nämlich wenig später schon ziemlich heiß dort oben.
Nach wenigen Minuten auf dem Berg komme ich ins Gespräch mit Deniz. Er ist mit einer Reisegruppe aus Elazığ hier; die meisten davon sind Kurden und Aleviten.
 Obwohl diese mit einem Bevölkerungsanteil von 30-35 % die zweitgrößte Religionsgruppe nach den Sunniten darstellen, handelt es sich hier wiederum um eine Minderheit in der Türkei. Minderheit in der Türkei - ein Thema für sich. Besonders, da bei den Aleviten die allgemeinen Menschenrechte, Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit sehr hochgehalten werden. Das Verhältnis zu anderen Religionen und Weltanschauungen ist sehr offen. (de.wikipedia.org
Aber es ist eben eine Minderheit. So sagt mir z.B. eine Frau, ich solle besser nicht in ihre Stadt kommen – dafür sei ich zu offen und würde nur einen schlechten Eindruck von der Türkei mitnehmen. Das schockiert mich relativ wenig, da es doch Parallelen zur deutschen Heimat gibt - es kommen Erinnerungen hoch an die Reisewarnungen bei der Fußball-WM im letzten Jahr.

Jedenfalls kann ich in einem der beiden Reisebusse kostenlos mitfahren. Und mit Deniz gestaltet sich der Kontakt sehr interessant: er übersetzt die türkischsprachigen Führungen für mich und ist auch an meinen Ansichten interessiert. Da bin ich allerdings gelegentlich überfordert: Was ich denn von Bertold Brecht und dem Kommunismus halte, wie ich die verschiedenen deutschen Parteien einschätze,… Einige Themen, bei denen ich im Deutsch- und Geschichtsunterricht hätte besser aufpassen sollen… Er gibt sich aber einigermaßen zufrieden mit dem, was ich von meinem Vater mit auf den Weg bekommen habe in Bezug auf die Parteien: Man wählt immer das kleinste Übel (bzw. den besten Kompromiss).

 

Mein Bett
mein Bett
Blick aufs neue Hasankeyf
Blick aufs neue Hasankeyf
Hasankeyf
Hasankeyf
Frühstück, links Bülent
Frühstück, links Bülent
Morgens am Tigris
morgens am Tigris
     

 

Weiter geht die Fahrt zum syrisch-orthodoxen Kloster Mor Gabriel (de.wikipedia.org), das kurz vor Midyat in den Bergen liegt. 

In Midyat angekommen, fällt beim ersten Blick auf, dass es hier mehr Kirchen als Moscheen gibt: es sind 5 an der Zahl.
Die nächste Station ist das Deyrul Zafaran Kloster bei Mardin.
Wir fahren zur Kasımiye-Medresse (ıslamische Lehrstätte) von 1469 – warum, weiß ich auch nicht. Nach der Auflistung von Wikipedia scheint sie die uninteressanteste von den drei genannten Medressen der Stadt zu sein. Ach so: Hier gibt es einen Quell heilenden Wassers, aus dem sich alle ihre Wasserflaschen füllen. Das passt auch gut zum Kloster Mor Gabriel von vorhin – dort durfte sich jeder ein bisschen Wundererde mitnehmen. Hmmm…
Eine letzte Fahrt führt uns zur Kirklar Kilisesi (= Mar Behnam Kilisesi), einer syrisch-orthodoxen Kirche. Leider dürfen wir keine Fotos machen (ist wohl so üblich in den orthodoxen Kirchen) und müssen gleich wieder rausgehen, da ein Gottesdienst stattfindet.

Mardin selbst ist für mich die Endstation mit meiner kurzzeitigen Reisegruppe. Wieder bin ich in einer uralten Stadt – ihre Geschichte soll sogar bis zur Zeit der Sintflut zurückreichen. Sprachlich wird hier nach Antakya und Hasankeyf noch eins draufgesetzt: Man spricht hier vier Sprachen – türkisch, kurdisch, arabisch und aramäisch. Der Großteil der Bevölkerung ist muslimisch, bei den Kurden gibt es noch einige wenige Jesiden, und die Aramäer sind alle Christen. (de.wikipedia.org
Ich belasse es bei einem Blick von der Stadt aus auf die prägende Zitadelle und verzichte auf weitere Moscheen und das außerhalb der Stadt liegende Kloster. Schließlich war ich war heute schon genug unterwegs. Eine beeindruckende Stadt, die sich auf dem Berghang wie eine Festung präsentiert, das aber sehr elegant und bunt.

Meine kurdische Reisegruppe im Kloster Mor Gabriel
meine kurdische Reisegruppe im Kloster Mor Gabriel
Midyat
Midyat
Gemeinsames Mittagessen
gemeinsames Mittagessen
Kloster Deyrul Zafaran
Kloster Deyrul Zafaran
Mit Deniz
mit Deniz
Mardin
Mardin
Blick nach Syrien
Blick nach Syrien
Kasimiye-Medresse
Kasimiye-Medresse
Kirklar Kilisesi - bitte wieder rausgehen!
Kirklar Kilisesi - bitte wieder rausgehen!
Mardin
Mardin
   

 

Zum Sozialen: Gut, heute ist wohl kein Schultag in der Türkei. Also kein Problem, dass Noch-nicht-Erwachsene arbeiten. Aber müssen denn gleich 6-7Jährige eine ganze Backstube “leiten”? Auch unter der Woche habe ich den Eindruck, dass viele Jugendliche und Kinder nicht am vorgesehenen Platz sind. Tatsächlich gehen nach Wikipedia (de.wikipedia.org) in der Türkei nur 93% der schulpflichtigen Kinder zur Schule. 


Um 20 Uhr geht es mit dem Bus weiter nach Adana, wo ich um 4:30 ankomme. Eine Viertelstunde später geht es zum Glück schon weiter – zurück nach Antakya.

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