Tag 082 - Einladung zur Busfahrt nach Akdamar bei strömendem Regen

MI, 17.06.2015 – Einladung zur Busfahrt nach Akdamar bei strömendem Regen

Tatvan – Van

 

Einladung zur Busfahrt bei strömendem Regen

Die Malware ist immer noch auf meinem Laptop und ich habe das Gefühl, die jungen Männer des Computerladens kommen nicht wirklich weiter damit. So beschließe ich kurz vor 12, weiterzufahren. Ich kann es mir nicht erlauben, noch einen Tag zu warten. Es wird ohnehin sehr knapp werden, die Grenze zu Aserbaidschan noch rechtezeitig zu erreichen. Der Hitzschlag und das Problem mit dem Laptop haben meinen zeitlichen Rahmen noch mehr eingeengt. Heute muss ich auf jeden Fall bis Van kommen, eine knapp 145 Kilometer lange Strecke. Ich hätte mich auch für die einfachere und kürzere Strecke auf der Nordseite des Sees entscheiden können. Aber ich will unbedingt noch mal zur Insel Akdamar und mir Van anschauen.

Der Regen wartet auf mich bis zum Anstieg auf den Berg, der direkt an die Stadt grenzt. Dann kommt er aber umso heftiger. Es ist Platzregen, gemischt mit Hagel. Doch es ist nur Sommerregen, er hält also nicht lange an und die Temperatur bleibt angenehm. Dafür kommt er immer wieder. Das ist auch ein großer Vorteil für mich – die permanente Kühlung des Kopfes mit einem Waschlappen wie in den Tagen zuvor kann ich mir sparen. Schlimmer ist, dass es immer wieder bergauf geht, dann aber wieder abwärts zum Vansee. Nach zwei Stunden komme ich in einen heftigen Dauerregen, bei dem es gar nicht nach einem schnellen Ende aussieht. Da hält vor mir ein großer Reisebus, der die Tür aufmacht und mir ein Zeichen gibt, einzusteigen. Umsonst natürlich. Normalerweise lehne ich solche Angebote ab, aber hier habe ich nichts dagegen. Mit etwas Mühe bekommen wir das Velo mit allem Drum und Dran in den Bus gepackt. Leider vergesse ich in der Eile, eine kurze Hose und die Kamera mitzunehmen. So betrete ich den Bus klatschnass. Die Mitfahrer sind erstaunt aber sehr freundlich. So hoch gelegen wie von mir eingeschätzt ist die Strecke gar nicht. Verpassen tue ich aber nicht viel, vor allem komme ich so problemlos durch einen 2 Kilometer langen Tunnel. Der Bus hält nach knapp 45 Minuten speziell für mich an der Schiffanlegestelle zur Insel Akdamar.

 

 

Akdamar

Das Schiff zur Insel Akdamar erreiche ich gerade noch rechtzeitig, bevor es ablegt. 2007 war ich schon mal auf der Insel Akdamar, damals hatte die auf ihr befindliche armenische „Kirche zum Heiligen Kreuz“ aus dem 10. Jh. aber noch kein Kreuz. Sie wurde im selben Jahr restauriert und 2010 mit dem ersten Gottesdienst seit 1915 wieder geweiht. Dies könnte man, zusammen mit dem Wideraufbau und Wiedereröffnung der armenischen „Surp Giragos“ (St.-Giragos-Kathedrale) in Diyarbakır im Jahr 2011 als guten Kurs der Türkei gegenüber den Christen und anderen Minderheiten betrachten. Dann würde man aber viele andere, sehr negative Tatsachen wie die mangelnde Gleichberechtigung des Christentums, inkorrekte Darstellung geschichtlicher Ereignisse in Schulbüchern sowie den Zerfall vieler christlicher Stätten ignorieren.

Auf der Insel treffe ich drei junge Männer (ca. 22) aus Tatvan, die mich gleich einladen, sich neben sie zu setzen. Sprachlich können wir uns kaum verständigen, aber sie reden trotzdem viel. Vor allem machen sie sehr gerne Fotos. Im Schiffsinneren, auf dem Bug, auf der Treppe, auf einer Mauer, vor der Kirche. Und meistens machen sie drei Aufnahmen, da jeder von ihnen jeweils mich mit den anderen zwei fotografiert. Dass ich daran kein großes Interesse habe und die Landschaft und Kirche gerne ohne sie als Hauptmotiv habe, verstehen sie recht bald und verabschieden sich von mir. Vor der Rückfahrt treffe ich zwei andere junge Männer (ca. 30) aus Erzurum, mit einem von beiden kann ich mich recht gut auf Englisch unterhalten und es ist sehr angenehm mit den beiden. Bei der Rückkehr um 17 Uhr wird mir klar, dass es mir ohne die Busfahrt zeitlich nicht gereicht hätte. Denn zur Insel kommt man nur bis 18 Uhr, ich hätte also vor Ort übernachten müssen, um am Tag darauf dorthin zu kommen. Somit wäre ich noch mehr unter zeitlichem Druck gestanden als ich es sowieso schon bin. Übrigens muss man zuerst für die Schifffahrt bezahlen und nach der Ankunft auf der Insel auch noch für das Betreten derselben.

 

 

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