Tag 103 - Ankunft in Iran und Aserbaidschan

MI, 08.07.2015 – Ankunft in Iran und Aserbaidschan

Van – Urmia

 

Am Morgen will ich noch einige Berichte ins Netz stellen und es passiert das gleiche wie bei 50% solcher Versuche: die Verbindung ist sehr langsam oder geht gar nicht. Es ist unglaublich, was das an Nerven und Zeit kostet. Immer wieder den Laptop neu starten, warten, es erneut versuchen. Schließlich gebe ich es auf. Mein Weiterkommen bei der Reise ist mir wichtiger als die Berichte.

 

Zum falschen Bus geschickt

So fahre ich los, um einen Bus zu finden, der mich an die türkisch-iranische Grenze fährt, also nach Kapıköy. Ganz so einfach ist das aber nicht. Den niemand weiß, wo der sein könnte. Ich spreche eine junge Frau (ca. 25) an, die es aber auch nicht weiß. Es kommen fünf junge Männer, an die sie mich weiterleitet. Aber die haben auch keine Ahnung, finden es aber amüsant, einen Radreisenden neben sich zu haben. So fahre ich weiter und frage bei einer Busgesellschaft nach. Dort nimmt mich einer der Mitarbeiter mit zu einem Bus. Mein Gepäck und das Velo kann ich einladen. Der Bus fährt dann aber ohne mich los, obwohl ich schon bezahlt habe. Der Bus drehe nur eine Runde und komme dann auf der Gegenspur wieder, sagt man mir. Ich glaube das einfach. Tatsächlich kommt er nach einigen Minuten und ich kann einsteigen. Nach kurzer Zeit hält er an und wir warten gut zehn Minuten. Als wir endlich weiterfahren, frage ich nach einer Viertelstunde einen Mitfahrer, ob wir auch in die richtige Richtung, nach Kapıköy, fahren. Meine Frage wird bejaht. Nach 20 Minuten wird mir aber klar, dass das nicht sein kann: Die Straße zweigt nach links und rechts ab, was es auf der von mir geplanten Strecke aber nicht gibt. Ich wurde also in den falschen Bus gesetzt. Dieser fährt zwar auch an die Grenze zum Iran, aber nicht nach Kapıköy. Mit dem richtigen Bus, der mich direkt an die Grenze im Osten gefahren hätte, wäre ich deutlich schneller gewesen. Die Strecke beträgt nämlich nur 104 Kilometer und nicht 235 wie diese Straße, die weit in den Südosten führt. Auf die Fahrt habe ich mich schon gefreut, da mir gesagt wurde, sie sei sehr schön.

Ich bin mir nicht sicher, ob das mit dem Grenzübertritt klappen wird. Denn erstens weiß ich nicht, ob ich als Radfahrer über diese Grenze kommen werde. Zweitens habe ich beim Antrag aufs Visum bzw. die Referenznummer Kapıköy als Grenzübergang angegeben. Und drittens könnte es ja sein, dass die hier wegen dem Ramadan früher Feierabend machen. Das wäre dann schon die zigste Verzögerung in der Türkei. Wenigstens ist die Strecke oft sehenswert. Und es fällt mir auf, dass die Mitfahrer etwas lockerer mit dem Ramadan umgehen als ich es in den Tagen und Wochen zuvor in der Türkei erlebt habe: Es ist hier kein Problem, mal etwas zu trinken. Militär ist hier noch präsenter als in den bisherigen kurdischen Gebieten.

 

 

Ankunft in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan

In Yüksekova bin ich nur etwa 30 Kilometer Luftlinie vom Irak entfernt. Allerdings ist dies Gebirgslandschaft, der nächste offizielle Grenzübergang ist somit einige hundert Kilometer entfernt und sehr nahe dem Dreiländereck mit Syrien. Hier muss ich in einen anderen Minibus umsteigen. Den finde ich auch gleich, allerdings will der Fahrer mehr, als zuvor mit einem Fahrer vom ersten Bus abgemacht wurde: Statt 10 will er 40 Lira, ich mache aber klar, dass ich sicher nicht mehr als 20 bezahle. Und dabei bleibe ich auch und wir fahren ab. Allerdings hält dieser Bus ebenfalls nach kürzester Strecke, um für eine knappe Viertelstunde auf andere Mitfahrer zu warten. Als im letzten Dorf vor der Grenze ein junger Mann aussteigt, sagt er mir, dass er hier wohne und ich zu ihm kommen könnte, falls es an der Grenze Schwierigkeiten geben sollte.

An der Grenze gibt es kaum Probleme. Nur, dass am Grenzposten gerade viele warten, weil es technische Komplikationen gibt. Und die Kinder, die einem zwar die richtigen Wege zeigen, dafür aber Geld wollen – von mir kriegen sie aber nichts. Und natürlich die Schlammpfützen, weil irgendjemand hier wieder mit Wasser gespielt hat. Mit Aserbaidschan bzw. Nachitschewan hat es nicht geklappt, dafür betrete ich nun nicht nur endlich, nach langem Warten, den Iran, sondern auch die iranische Provinz West-Aserbaidschan, Teil der Region Aserbaidschan im Nordwesten des Landes. Vor allem kann ich meine Tour endlich fortsetzen, seit dem 20. Juni bin ich praktisch nicht mehr Rad gefahren.

 

 

Flut von Gastfreundschaft

Kurz nach der Grenze halte ich an einer Tankstelle an und setze mich in den Schatten eines Baumes, um etwas zu essen und zu trinken. Der Besitzer kommt nach wenigen Minuten auf mich zu, begrüßt mich mit „Hello Sir!“ – was hier im Land wohl die meisten machen. Er pflückt mir auch zwei Hand voll von den Früchten vom Baum und sagt, von dem können sich alle bedienen. Ich bedanke mich und er pflückt mir noch mal so viele. Darauf geht er wieder und kommt mit kaltem Wasser zurück. Bei der Weiterfahrt sehe ich vor mir einen Jungen der einen Stein aufhebt. Aber nicht, um ihn auf mich zu werfen, sondern auf eine Kuh, die sich im Nachbarfeld durchfrisst. Kurz darauf sehe ich drei etwa zehnjährige Jungs, die mir entgegenrufen „Hello, can I help you?“. Das habe ich noch nie gehört und es ist ein himmelweiter Unterschied zu dem, was ich in den Tagen zuvor auf der anderen Seite der Grenze gehört habe. Andere fragen „How do you do?“ – und das alles in der ersten Viertelstunde. Ich freue mich, dass ich endlich hier sein kann und fühle mich verdammt gut dabei. Kurz darauf relativiert ein anderer Junge, der Schafe hütet, dies aber wieder, indem er „money“ ruft. Und kurz darauf pfeifen ein paar Kinder wieder und glauben wohl, ich würde deswegen zu ihnen kommen. Aber es fühlt sich hier doch besser an: Die Architektur finde ich hier angenehmer, es ist einfach ein besseres und sichereres Gefühl, hier zu fahren, als die letzten Wochen in der Türkei. Und ich weiß, dass ich die gut 50 Kilometer bis Urmia gut schaffen werde, bevor es dunkel wird. Was mir aber gleich auffällt, ist die Fahrweise der Iraner: in der Regel fahren sie über dem Mittelstreifen, allerdings nicht, wenn sie mich überholen.

 

 

 

Ankunft in Urmia

Als ich in Urmia ankomme, ist mir nicht ganz klar, wo es zum Zentrum geht. An einer Tankstelle halte ich deswegen an, allerdings spricht dort keiner Englisch. Schließlich folge ich dem Auto eines älteren Herrn, der mir den Weg zeigen will. Dank seines Neffen, der ein bisschen Englisch spricht, wird ihm der Weg per Telefon erklärt. Die schnelle Fahrt ist anstrengend, aber seine kleine Enkelin, die immer wieder aus dem Fenster schaut, ist am Ende erfreut, als ich ein Foto mit ihr mache. Vor einem Hotel für Touristen bedanke ich mich für die Führung. Allerdings ist mir das Hotel zu teuer. Der Hotelier schickt mich zu einem anderen im Ortszentrum, dem Hotel Park.  Wieder nach längerer Fahrt komme ich dort an und erfahre, dass es genau so viel kostet. Dort sagt man mir aber, dass es ganz in der Nähe einige Hotels gebe, die deutlich günstiger seien. So komme ich zum Hotel ... und kann den Preis noch ein wenig runterhandeln.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 07 Sep 2016 19:46:50

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